Wie üblich in der Karwoche reisten 41 Orgelfreundinnen und Orgelfreunde in das von Historikern als „gottbegnadet“ bezeichnete Südmähren. Brünn, Olmütz, Kremsier und Skalica waren die Ziele für Orgelbesichtigungen.
Zuvor stimmten wir uns noch in Wien in der Herz-Jesu-Kirche auf der Landstraßer Hauptstraße mit einer glanzvollen Orgelvorführung durch Dr. Wolfgang Guhswald auf unsere Reise ein. Mag. Herbert Rotter, der in Zusammenarbeit mit der Firma Walcker die Disposition erstellte, erläuterte die 2006 von der Firma Walcker-Mayer erbaute Kirchenorgel. Beiden Herren sei auf diesem Weg besonders herzlich gedankt. Mag. Rotter begleitete uns, wie in den Vorjahren, auf unserer weiteren Orgelreise.
Quartier erhielten wir an allen drei Tagen nahe des Zentrums von Brünn. Weite Fußmärsche blieben uns dadurch erspart. Dieser Vorteil zeigte sich bereits am ersten Abend, an dem ein begeisterter Brünner Bürger in gutem Deutsch sich bemühte, Geschichte, Land und Leute dieser 370 000 Einwohner zählenden Metropole Mährens in zwei Stunden den aufmerksamen Zuhörern nahe zu bringen.
Der Sonntag war der an der March liegenden Universitätsstadt Olmütz gewidmet. 100 000 Bewohner zählt diese von Brünn rund 60 Kilometer entfernte Stadt. Ins UNESCO Welt – kultur- und Naturerbe fand Olmütz in erster Linie durch die 35 Meter hohe Barocksäule der Heiligsten Dreifaltigkeit Aufnahme. Vergeblich hofften wir allerdings mit einem besonderen Original Mährens, dem legendären Prof. Dr. Antonin Schindler, in Kontakt zu treten. Prof. Schindler wurde einige Tage zuvor in das Krankenhaus gebracht. Sein Alter von 84 Jahren und ein Zusammentreffen mehrerer schwerer Erkrankungen ließen Schlimmes befürchten. In einem Brief an den Verein im April bestätigte Prof. Schindler, dass er diesmal „von der Schaufel gesprungen sei“. In einem sehr einfach gehaltenen und daher leichter verständ lichen Englisch sprang ein junger Organist ein und führte uns zu den vorgesehenen Orgeln der Stadt. Vom Dom ging es zu einer Führung in das Erzbischöfliche Palais, wo 1848 Kaiser Franz Joseph den Thron bestieg. Für Gäste aus Österreich sind Besuche dieser historischen Stätten sicher erhebend. Der weitere Besuch einer bedeutenden Orgel galt der Kirche Maria Schnee und nach dem Mittagessen der größten Orgel Mährens in der St. Mauritius Kirche.
Mag. Ernst Wally spielte an diesem Tag neben den drei Orgeln in Olmütz auch noch weitere drei Orgeln in Brünn. Es war eine interessante „Orgelwanderung“, unterstützt durch einen musikorientierten Priester und einer Musikprofessorin aus Brünn. Die Minoritenkirche, die Thomaskirche und die Jakobskirche waren Ziel dieser Orgelwanderung.
Der Dienstag, zugleich letzter Tag unserer Reise, war Kremsier und Skalica gewidmet. Zunächst wurden wir in Kremsier von Prof. Jiri und Vera Safarik empfangen und in das Schloss der Olmützer Bischöfe und Erzbischöfe geführt. Für uns war es ein Erlebnis, den Raum zu betreten, in dem Franz Joseph I. im Alter von 18 Jahren die Kaiserwürde erhielt. Kremsier ist eine Stunde von Brünn entfernt, also leicht eine Tagreise von Wien hin und zurück und einen Besuch besonders im Frühjahr wert. Die Gärten und Parkanlagen in dieser Stadt rund um das Schloss erfreuen die Blumenfreunde und alle Bewunderer der Natur. Da wir aber vor der Blütezeit in Kremsier waren, galt unsere Freude der Bibliothek und dem toleranten Verwalter dieser berühmten Büchersammlung. Er stellte uns die wertvollen Bücher frei zur Verfügung, wir konnten nach Herzenslust darin blättern und wurden so um ein selten berührendes Erlebnis reicher. Die Kirchen sind in kurzer Distanz zueinander, ausgedehnter ist die Schlossanlage, so dass eine Wanderung in freier Natur die kurzen Wege zu den Orgeln kompensierte. Wenn die gesamte Orgel-Kulturreise zu weiterer Aktivität anregen soll, so wäre Kremsier nach Aussage mehrerer Teilnehmer unbedingtes Ziel eines zusätzlichen Besuches.
Aus Tschechien führte uns ein etwas abenteuerlicher Weg über Baustellen und eine abgerissene Brücke verspätet in die Slowakei nach Skalica. Begannen wir unsere Reise mit einer Walcker-Orgel in Wien, so beendeten wir sie auch mit einer durch die Firma Walcker-Mayer neu erbauten und reich vergoldeten Orgel in Skalica. Es war auch das letzte Klangerlebnis, das wir auf unserer Fahrt durch Mag. Wally genießen durften.
Insgesamt elf verschiedene Orgeln, eine herrliche Landschaft, würdige, erhabene steinerne Zeugen der Geschichte und eine homogene, angenehme Gemeinschaft – was wünscht man sich mehr von drei Tagen voll Kulturgenuss und Freude.
Günther Keler